Die Lehren

Vorurteile sind kritiklos, ohne persönliche Urteilsbildung oder Erfahrung übernommene Meinungen, die einer sachlichen Argumentation nicht standhalten…“

    Gleichberechtigung

    „Im Angesicht Gottes waren Frauen und Männer von jeher gleich und werden es immer sein.“

    (Bahá’u’lláh zitiert in: Frauen. Textzusammenstellung, S.46)

    Die Bahá’í-Lehre zum Verhältnis zwischen Frau und Mann ist einfach: Frauen und Männer sind gleichwertig. Das bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf die Seelen, sondern ebenso auf die Stellung der Geschlechter in der Gesellschaft.

    „Die Menschenwelt hat zwei Flügel: Den einen bilden die Frauen, den anderen die Männer. Erst wenn beide Flügel gleichmäßig entwickelt sind, kann der Vogel fliegen. Bleibt ein Flügel schwächlich, so ist kein Flug möglich.“

    (‚Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 227:18)

    Nach den Bahá’í-Lehren erfüllt die Gleichberechtigung eine entscheidende Aufgabe in der Weltgeschichte: Der Weltfrieden hängt von ihr ab!

    „Die Emanzipation der Frau, die volle Gleichberechtigung der Geschlechter, ist eine der wichtigsten, wenngleich kaum anerkannten, Voraussetzungen des Friedens. Die Verweigerung der Gleichberechtigung bedeutet ein Unrecht gegenüber der Hälfte der Weltbevölkerung und leistet bei den Männern Vorschub für schädliche Einstellungen und Gewohnheiten, die aus der Familie an den Arbeitsplatz, ins politische Leben und letztlich in die internationalen Beziehungen hineingetragen werden. Es gibt keine moralischen, praktischen oder biologischen Gründe, die eine solche Verweigerung rechtfertigen. Erst wenn die Frau in allen Bereichen menschlichen Strebens zu voller Partnerschaft willkommen geheißen wird, entsteht das moralisch-psychologische Klima, in dem sich der internationale Frieden entwickeln kann.“

    (Universales Haus der Gerechtigkeit: Die Verheissung des Weltfriedens, Kap.II)

    Die Welteinheit kann jedoch nur auf einer tragfähigen Basis entstehen; die Gesundheit jedes lebendigen Organismus ist davon abhängig, dass sich alle seine Bestandteile voll entfalten können. Entsprechend ist das Überleben sowohl der Menschheit als auch des Einzelnen davon abhängig, dass Frauen und Männer jeweils ihr ganzes Potential entwickeln können und ihr Beitrag gerecht gewürdigt wird. Eine wichtige Rolle übernimmt dabei die Berufstätigkeit. In den Bahá’í-Schriften heißt es:

    „Jedem von euch ist es zur Pflicht gemacht, sich in einem Beruf, einem Handwerk, Gewerbe und dergleichen, zu betätigen….Beschäftigt euch mit dem, was euch und anderen nützt.“

    (Bahá’u’lláh, Botschaften aus ‚Akká, 3:23)

    Wenn ein Ehepartner sich dafür entscheidet, im eigenen Haushalt zu arbeiten und Kinder zu erziehen, muss dies aus Bahá’í-Sicht von der Familie ebenso wie von der Gesellschaft als vollwertige Berufstätigkeit anerkannt werden:

    „Haushaltsführung ist eine höchstehrenwerte und verantwortungsvolle Arbeit von grundlegender Bedeutung für die Menschheit.“

    (Universales Haus der Gerechtigkeit, Frauen, S.73)

    Gleichberechtigung darf jedoch nicht mit Gleichmacherei verwechselt werden. Gleichmacherei führt zu unerträglicher Ungerechtigkeit, denn sie nimmt keine Rücksicht auf individuelle Fähigkeiten und Anlagen. Menschen sind keine genormten Maschinen, sondern einzigartige Wesen von faszinierend vielfältiger Ausprägung! Eine wahrhaft gerechte „Gleichberechtigung“ muss dem Rechnung tragen. Das Bahá’í-Frauen-Forum setzt sich mittels zahlreicher Veranstaltungen und Projekte für die Umsetzung der Gleichberechtigung ein.

    Die vielleicht weitreichendste geschlechtsspezifische Besonderheit der Bahá’í-Lehren gilt für die Ausbildung der Kinder: Wenn das Einkommen einer Familie nicht ausreicht, um allen Kindern eine höhere Bildung zu finanzieren, haben die Mädchen Vorrang vor den Jungen. Einer der Gründe: Mütter nehmen schon in der Schwangerschaft durch ihre Lebensführung unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder. Die Bedeutung der Väter für die Kindererziehung wird in den Bahá’í-Lehren aber keineswegs geschmälert. Es wird lediglich darauf eingegangen, dass die Schöpfung eine Art zeitlicher Staffelung in der Intensität des elterlichen Einflusses vorsieht: Der Einfluss der Mütter steht am Anfang, der väterliche Einfluss kommt dann hinzu. Daher ist es aus Bahá’í-Sicht als Investition in kommende Generationen wichtig, künftige Mütter gründlich auszubilden, damit sie durch vernünftiges, kenntnisreiches und ethisch gebildetes Verhalten den Kindern einen möglichst guten Start ins Leben ermöglichen.

    Vorherrschendes Kennzeichen der Bahá’í-Lehren zum Thema „Frau und Mann“ bleibt jedoch die Gleichberechtigung, mit den Prinzipien der Gleichwertigkeit und des harmonischen Miteinanders:

    „Die Menschenwelt besteht aus zwei Hälften: der männlichen und der weiblichen. Eine Hälfte ergänzt die andere. Glück und Sicherheit der Menschheit ist nur dann gewiss, wenn beide sich vervollkommnen.“

    (Abdu’l-Bahá, zitiert in: ‚Die Bahá’í-Religion. Ein Überblick.‘ Olzog-Verlag, S.19)